Es werden bald 30 Jahre sein, die ich mit und an dem Piano verbracht habe. Die ersten 10 Jahre davon sind nur noch Erinnerungen. Die ersten Aufnahme, die mir erhalten blieben, sind von 1999. Ein verstimmtes Klavier hatte an sich keinen Charme damals. Die Sehnsucht damals war, einmal eine Aufnahme machen zu können, die so klar und prägnant klingt, wie eine der klassischen Piano Aufnahmen. 20 Jahre später wird dem verhassten Zustand von damals der Charme von Authentizität zugeschrieben.
Für mich bleiben die Aufnahmen von 1999 im Nachhinein eher schwer erträglich, aber ich staune, dass ich trotz der Umstände fasziniert weiter versucht habe, das einzufangen, was Klavier Spielen für mich ist. Und eigentlich ist es nie mit Mikrofon so, wie es alleine ist. Davon abgesehen, dass es auch nicht immer funktioniert, dass Klavier für sich sprechen zu lassen, funktioniert es dann manchmal doch, es ein bisschen eingefangen zu bekommen.
30 Jahre, 5 Umzüge, immer das gleiche Klavier. Keine Schönheit, schlichter Pragmatismus, ein W. Hofmann. In nichts besonders gut, in nichts besonders schlecht. Ehrlich, weil es nichts verzeiht. Wenn man ein Stück darauf spielen kann, sollte es auf jedem Flügel funktionieren. Mein Vater kaufte es, damit irgendwann eines seiner Kinder darauf spielte, soweit die Erzählung. Die erste Stunde, fand nur unter Widerwillen meinerseits statt. Die Bedingung war final, ich nehme nur Klavierunterricht, wenn ich in der ersten Stunde ein Kinderlied meiner Wahl spielen lerne. Ich hielt die Aufgabe für unschaffbar. Das Kinderlied war allerdings auf der Melodie von "Hänschen Klein". Ich konnte es am Ende dann beidhändig spielen. Für die zweite Stunde hatte ich dann mein erstes eigenes Lied erfunden. Ich sollte es aufnehmen und meine Klavierlehrerin wollte es dann in Noten umsetzen. Die Aufnahme auf Kassette hat sie bekommen, die Noten kamen nie bei mir an. An die Umsetzbarkeit von Gespielten in Noten glaube ich nach wie vor nicht. Das Aufnehmen blieb. Das Weggeben ebenso.
Da dieser Ort im Netz vorrangig den Gedanken der Klaviermusik in sich trug, soll er das wieder werden. Auch im Rückblick, denn ja, meine Klavier Lehrerin hatte Recht, als sie vor 20 Jahren meinte, dass mein Höhepunkt der Klavierkarriere wohl eher schon hinter mir liegen würde. Aber Aufnahmen von eigener Klavierkonzert zu haben, ist wie ein Foto von sich selbst zu betrachten, und dazu die Filmmusik zu haben, also die ehrlichste Musik die man zu einem Bild von sich selbst komponieren könnte. Eine Ahnung von der Emotion, die man einmal hatte. So peinlich manchmal, wie Bilder. Manchmal sogar peinlicher, weil viel ehrlicher als ein Bild.
Ende 2019